Insbesondere die kommunalen Spitzenverbände beklagen, dass die Intention des 9-Euro-Tickets zwar eine gute, die Umsetzung aber schlecht gemacht sei. Zum einen fehlt es an einer ausreichenden Finanzierung. Zwar erhöht der Bund die Regionalisierungsmittel über die Länder um 3,7 Milliarden Euro. Dennoch fehlen laut Berechnungen des Deutschen Städtetages weitere 1,7 Milliarden Euro, um die Folgekosten des ermäßigten Tickets auszugleichen. Der Bund lehnte eine entsprechende Forderung der Länder aber mit Verweis auf die Entlastungen bei Energiepreisen an anderer Stelle ab. Folglich erwartet der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV), dass nach Ablauf der neunzig Tage entweder mit Einschränkungen des Angebots oder mit steigenden Ticketpreisen zu rechnen ist.
Zum anderen wird bemängelt, dass der Aufwuchs der Regionalisierungsmittel nicht für den Ausbau des ÖPNV selbst genutzt wird. In Ballungsräumen mit hoher Angebotsdichte und enger Taktung im Fahrplan könne das Ticket für den dauerhaften Umstieg auf den Nahverkehr werben. In Regionen, wo dies nicht zutrifft, ist der Nutzen aber fraglich. Zudem werden über die Sommermonate allgemein Busse und Bahnen stärker genutzt. So bleibt abzuwarten, ob der strukturell unterfinanzierte Nahverkehr eine stärkere Beanspruchung auch stemmen kann. Wie nachhaltig das Ticket sein wird, wird demnach erst der nächste Winter zeigen.
Letztlich ist das 9-Euro-Ticket aus Sicht der kommunalen Spitzenverbände eine Insellösung ohne mittel- und langfristige Strategie. Der Umstieg vom Individual- auf den öffentlichen Verkehr ist eng verbunden mit klima- und energiepolitischen Zielen. Will man diese erreichen, muss der öffentliche Verkehr aber flächendeckend, alltagstauglich und attraktiv sein. Und das gelingt vornehmlich nur dann, wenn mehr Busse und Bahnen öfter fahren.
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